Buchreview: Reverse Psychology Marketing

Das Fachbuch „Reverse Psychology Marketing – The death of traditional marketing and the rise of the new „pull“ game“, von Indrajit Sinha und Thomas Foscht, beschreibt die aktuellen Trend im Bereich Marketing, vor dem Hintergrund der erhöhten (digitalen) Vernetzung und den damit erforderlichen Veränderungen von Marketingaktivitäten.

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Als Gründe für die Notwendigkeit wird aufgeführt, dass das gezielte Ansprechen aller Kunden, vor allem für normale Marken (Middle Market) nicht mehr notwendig ist, da sich der bisher existente „Middle-Market“ nahezu aufgelöst hat. Als Gründe werden aufgeführt (S.63ff):
– China (alles ist als billige Version verfügbar)
– Der „good enough“ effect (auch preiswerte Versionen werden akzeptiert)
– „Role of the Internet“ (vergleichbarkeit ist gegeben)
– Das „Two-class syndrom“ (Kunden/Nutzer ordnen sich gezielt gegen oder für Premium ein)
– „Hybrid shopping pattern“ (ein Kunde bewegt sich nicht immer im selben Segment: Aldi & Käfer)

Um in einem dieser schnell agierenden Märkte aktiv zu sein, ist es sinnvoll, die Vorteile der aktuellen Netzwerkgesellschaft zu nutzen (S. 83ff). Hierbei muss genau das Netzwerk angesprochen werden, welches später das Produkt kauft/nutzt. Es besteht also nicht mehr die Notwendigkeit eines allgemeine Marketing oder allgemeiner, gestreuter Werbung. Desweiteren wird hierdurch die „Show me Generation“ direkt und gezielt angesprochen und in die Entwicklung und Vermarktung mit eingebunden. Dieser Ansatz spiegelt sich auch in der Aussage auf S. 90 wieder:
„Brands are increasingly being definded in terms of the network of customer they „own“ and inter-brand (And thus, inter-firm) rivalry is more often a test of which one is able to develop and retain a loyal and more profitable network.“

Bei all den Netzwerk und Reichweitenanstrengungen von Unternehmen muß aber auch der Ansatz der Vermeidung von „over-popularity“ beachtet werden. Vorallem von Unternehmen, die einen exklusiven Käuferkreis und eine von sich aus gesteuerte Produktpolitik nutzen (S. 103). Bestimmte Produkte sind, auch bedingt durch die Kundenschicht, nicht für einen hohen Bekanntheitsgrad gedacht und gewünscht (Burberry). In diesem Zusammenhang wird sehr gut ausgeführt, warum Massenmarketing über Ikonen nicht immer funktioniert (Bsp.: Überpräsenz von David Beckham oder Werbung von Tiger Woods für VW: Wirkt unglaubwürdig – Tiger Woods und Tag Heuer dagegen entsprechen dem Markenbild der Person Tiger Woods; S. 107), weshalb in diesem Bereich stark auf Glaubwürdigkeit geachtet werden sollte.

Der in diesem Zusammenhang genannte „Buzz-Marketing-Effect“ über das „Triggern“ der richtigen „Hubs“ wird ein einer guten Skizze auf S. 110 erklärt und verbal in der Beschreibung von viralem Empfehlungsmarketing für den Bereich Musik (S. 114 – Artic Monkeys) beschrieben.

Der moderne Ansatz der Autoren wird im Kapitel „Marketing Zeitgeist“ weiterausgeführt und in den Schlüsselworten „simple“ (Simplicity S. 126ff; Fokussierung auf das Wesentliche S. 138), „traditional“ (Retro S. 141) und „natural“ verdichtet.

Diese ganzen Ansätze werden für „Reverse Psychology Marketing“ zusammengeführt. Es wird also beachtet, wer, wann, wo und wofür wirbt. Hierbei darf auch der „Less“ Ansatz (S. 150) nicht fehlen. Dieser geht von dem bisherigen Training der Kunden weg, dahin, dass der Kunde eigenverantwortlich handelt und nicht zuviele Informationen braucht/will (wahrscheinlich nur bedingt praktikabel). Von hieraus ist es dann ein naheliegender Schritt zum „Anti-Marketing“, welches bereits Diesel in der Vergangenheit erfolgreich praktiziert hat (S. 158). Zusätzlich definieren die Autoren die Anforderungen darauf zu achten, nicht mehr Funktionen oder Aktivitäten zu starten, als der Markt kompensieren kann (Gleichgewicht; Over-marketing, Low marketing credibility, information overload, customer boredom, cost cutting).

 Überspitzt sagen die Autoren, dass man fast das Zen Prinzip (Doing nothing and yet everything gets done) seine Anwendung finden sollte (S. 170) und die Werbung absolut authentisch (S. 172) sein muss. Erwähnenswert sind zusätzlich die Grafiken von S. 184 & S. 185, die den Prozess einer durchdachten Reverse Psychology Kette darstellen.

Alles in allem ein Buch, wo man ruhig reinschauen kann.

Zusatz „Vergleich Old Game vs. New Game“
Central Focus: Customer vs. Product, Cost, Brand
Objective: Profit vs. Network
Marketing Mix: 4 Ps (Product, Price, Promotion, Place) vs. 3Bs (Brand, Buyer network, buying chain)
Segment Structure: Discount, Standard, Premium vs. Hard Discount, Ultra Premium
Brand Differentiator: Quality vs. Design
Network: Directive, Firm at center vs. Buzz or Viral, built around hubs
Message: Superiority claims, Unique Selling Propositions (USPs), Use of Glamor, Humor vs. Conter-Intuitive, Brutally honest, Real People, Zen (minimalist and understated)

Zusatz Käuferverhalten
Anwendung 80:20 Prinzip – 80% loyal; 20% wechselhaft

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